Einsatz von Milchaustauschern mit pflanzlichen Komponenten in der Kälberaufzucht?

MAT

Über die Ergebnisse eines Fütterungsversuchs im VBZL Haus Riswick, Kleve, der Landwirtschaftskammer NRW berichten Christian Post und Prof. Dr. Heiner Westendarp, Hochschule Osnabrück, sowie Dr. Martin Pries und Dr. Sebastian Hoppe, LWK NRW.

Die Aufzucht der Kälber in der Milchviehhaltung mit Milchaustauschertränke ist weitverbreitet, wenn keine Vollmilch eingesetzt wird. Dabei zielt die derzeitige Empfehlung in der Kälberaufzucht auf den Einsatz von Milchaustauschern (MAT) mit einem hohen Magermilchpulveranteil um 40% ab bei gleichzeitigem Verzicht auf pflanzliche Komponenten. Hintergrund dieser Empfehlung ist das Enzymsystem junger Kälber, das auf die Verdauung von Vollmilch ausgerichtet ist. Das Enzym Chymosin spaltet dabei Kasein und die Molkenproteine werden durch Pepsine aufgeschlossen. Die Milchproteine der Vollmilch der Kähe bestehen zu etwa 80% aus Kasein, den Rest bilden Molkenproteine. Die Proteinzusammensetzung des MAT sollte sich an dieser natürlichen Vorgabe orientieren.

Zudem haben Versuche in der Vergangenheit wiederholt Unverträglichkeiten bei dem Einsatz pflanzlicher Komponenten im MAT registriert wie Durchfall, Koliken oder allergische Reaktionen. Aus wirtschaftlicher Sicht kann der Einsatz pflanzlicher Proteine aber durchaus Vorteile mit sich bringen, zudem haben sich in den letzten Jahren die Technologien zur Verarbeitung pflanzlicher Proteinträger deutlich verbessert, wodurch zum einen die Verdaulichkeit für junge Kälber verbessert wurde, wie auch eigene Versuche gezeigt haben. Zum anderen können so negative Einflüsse antinutritiver Stoffe oder Allergene vermindert werden.

Prüfung von 2 Milchaustauschern bei unterschiedlicher Tränkemenge

Vor diesem Hintergrund war zentrale Fragestellung im Versuch, ob ein Milchaustauscher mit 4% Weizeneiweiß-Hydrolysat und lediglich 25% Magermilchpulver schon für Aufzuchtkälber ab dem 10. Lebenstag geeignet ist und vergleichbare tierische Leistungen ermöglicht wie das Kontrollprodukt mit 40% Magermilchpulver ohne pflanzliche Komponenten. Im Riswicker Kälberstall wurden nachfolgend 4 Gruppen mit Kälbern beiderlei Geschlechts der Rasse Deutsche Holstein entsprechend Tabelle 1 aufgestallt. Jedes Abteil im Riswicker Kälberstall ist in einen mit Stroh eingestreuten Liegebereich und einen befestigten Laufgang am Futtertisch bzw. an der Tränkestation unterteilt. In der ersten Lebenswoche bis zum 10. Lebenstag erfolgte die Aufzucht für alle Kälber gleich mit Biest- bzw. Vollmilch in Kälber-Einzelhütten. Der Tränke- und Fütterungsplan ist in Abbildung 1 dargestellt. Die beiden eingesetzten MAT differieren im Gehalt an Magermilchpulver und in der pflanzlichen Proteinzulage, wobei die Nährstoffgehalte (19% Rohprotein und 18% Rohfett) identisch sind. Die von der Firma Bewital agri, Südlohn-Oeding, für den Versuch gefertigten Produkte sind in Tabelle 2 näher charakterisiert. Die Kälber wurden ab dem Einstallen bis zum 70. Versuchstag wöchentlich und danach am 110. und 150. Tag gewogen. Die Tränkemengen wurden tierindividuell über den Tränkeautomaten erfasst und ausgewertet. Informationen zur Beifutteraufnahme aus Trockenmischration bzw. aufgewerteter Kuhration liegen als Gruppenmittel vor.

Junge Kälber zeigen höheres Leistungsniveau bei 8 Litern Tränkemenge

Die beiden mit 6 Litern Milchtränke in der Haupttränkephase versorgten Gruppen zeigten keine Unterschiede in der täglichen Tränkeaufnahme. Die zugeteilten Tränkemengen wurden nahezu komplett in beiden Futtergruppen abgerufen. Im Vergleich dazu realisierten die mit 8 Litern in der Haupttränkephase versorgten Kälber geringere tägliche Milchaufnahmen. Im Gruppenmittel lagen diese in der 2. Lebenswoche bei 5,8 l je Tier und Tag in Gruppe 40/8 deutlich niedriger als in Gruppe 25/8 mit 6,7 l je Tier und Tag im gleichen Versuchsabschnitt. In der 3. Lebenswoche steigerten sich die Kälber auf 6,4 l (Gruppe 40/8) beziehungsweise 7,3 l je Tier und Tag (Gruppe 25/8). Diese Ergebnisse bestätigen Erfahrungen aus früheren Versuchen, die gezeigt haben, dass bei sehr hohen Tränkemengen je Tier und Tag von über 8 Litern junge Kälber im ersten Lebensmonat nicht immer die volle zugeteilte Menge abrufen. Die Aufnahme von der Trockenmischration bzw. von der Kuh-TMR konnten statistisch nicht miteinander verglichen werden, da es sich um Gruppenmittelwerte handelt. Zwischen den Gruppen einer Tränkemenge waren in diesem Versuch aber keine nennenswerten Unterschiede festzustellen.

Bei den Tageszunahmen zeigten sich innerhalb der 6 Liter-Varianten keine Unterschiede (Abb. 2). Die Zunahmen lagen bis Versuchstag 35 bei ca. 400 g/Tag, steigerten sich dann bis zum Absetzen auf ca. 1000 g und erreichten danach bis zum Versuchsende etwa 1200 g/Tag, sodass die Kälber im gesamten Versuchszeitraum etwa 1000 g/Tag an Lebendmasse zunahmen. Die 8 Liter-Gruppen hingegen unterschieden sich in den ersten 35 Tagen im Wachstum (Abb. 3). Während die Tiere der Gruppe 25/8 im Schnitt 508 g pro Tag zunahmen, waren es bei der Gruppe 40/8 sogar 682 g/Tag. Darüber hinaus gab es in den weiteren Versuchsabschnitten keine Unterschiede mehr und die Zunahmen waren vergleichbar mit denen der 6 Liter-Gruppen. Dies legt den Schluss nahe, dass die jungen Kälber den MAT mit Weizenprotein bei hohen Tränkemengen ab 8 Litern täglich Mengen noch nicht so gut verwerten konnten wie den MAT mit reinem Milchprotein. Insgesamt lagen aber die Tageszunahmen aller Versuchsgruppen bis zum 5. Lebensmonat auf hohem Niveau um 1000 g. Lediglich in den ersten 6 Lebenswochen führt eine erhöhte Tränkemenge von 8 Litern/Tag zu höheren tierischen Leistungen.

Fazit

Der Versuch hat gezeigt, dass der Einsatz von Milchaustauschern mit reduziertem Magermilchpulver-Anteil und Weizenprotein generell für eine Kälberaufzucht auf hohem Niveau geeignet ist. Die Ergebnisse der Gruppen mit 8 Liter Tränkemenge pro Tag erlauben den Schluss, dass bei sehr jungen Kälbern in den ersten Wochen am Tränkeautomat ein MAT mit höherem Magermilchpulver-Anteil (40 %) eingesetzt werden sollte.

Abb. 1: Tränke- und Fütterungsplan

Tab. 1: Gruppenzusammenstellung im Versuch

Tab. 1: Gruppenzusammenstellung im Versuch

Tab. 2: Analytische Bestandteile der eingesetzten Milchaustauscher (in % der TM)

Tab. 2: Analytische Bestandteile der eingesetzten Milchaustauscher (in % der TM)

Abb. 2: Tägliche Zunahmen in ausgewählten Versuchsabschnitten in den 6 Liter Gruppen

Abb. 2: Tägliche Zunahmen in ausgewählten Versuchsabschnitten in den 6 Liter Gruppen

Abb. 3: Tägliche Zunahmen in ausgewählten Versuchsabschnitten in den 8 Liter Gruppen (** = p<0,01)

Abb. 3: Tägliche Zunahmen in ausgewählten Versuchsabschnitten in den 8 Liter Gruppen (** = p<0,01)