Landessortenversuche Sommerbraugerste 2023

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Sommerbraugerste im Bestand

Der klassische Anbau von Sommerbraugerste mit Aussaat im Frühling war in der vergangenen Saison oft nicht erfolgreich. Bereits zur Aussaat 2023 hatte sich die Anbaufläche in der Voreifel auf geschätzt nur noch 1600 ha reduziert und fiel damit auf den geringsten je ermittelten Stand. Hauptursächlich dafür waren neben veränderten förder- und ordnungsrechtlichen Vorgaben vor allem die schwierigen Aussaatbedingungen, die viele Betriebe dazu veranlassten auf den Anbau von Sommerbraugerste zu verzichten. Der anschließende Witterungsverlauf und besonders die verregnete Ernte führten dazu, dass in der vergangenen Saison nicht nur unterdurchschnittliche Erträge, sondern häufig auch für die Braugerstenvermarktung nicht ausreichende Qualitäten erzielt wurden. Der gestiegene Anbau von Sommerbraugerste in Herbstaussaat sowie von Winterbraugerste konnte diese Verluste nicht kompensieren.

Regen, wenn man ihn nicht braucht

Sommergerste profitiert, wie fast alle Kulturen, von einer guten und gleichmäßigen Wasserversorgung. Diese allerdings war in der Saison 2023 trotz hoher Gesamtniederschläge nicht immer gegeben. Denn im vergangenen Jahr fiel der Regen vor allem dann, wenn man ihn nicht braucht: So führten die höheren Niederschläge im Winter und besonders im März zwar einerseits dazu, dass sich die nach mehreren trockenen Jahren ausgeprägte Dürre im Unterboden deutlich reduzierte, andererseits aber auch dazu, dass die meisten Frühlingsaussaaten von Sommerbraugerste erst deutlich später erfolgten als geplant: Abhängig vor allem vom Standort, der Fruchtfolge und dem Bodenmanagement wurden etwa 25% der Flächen bereits in einem kurzen Aussaatfenster im März gesät. Der überwiegende Anteil der Sommerbraugerste allerdings kam erst ab der zweiten Aprilwoche und vereinzelt deutlich später zur Aussaat.

Auch wenn sich die meisten Bestände zunächst relativ gut entwickeln konnten, gerieten vor allem die späteren Aussaaten auf leichteren Böden ab Juni regional unter Trockenstress infolge ausbleibender Niederschläge. Die hohen Temperaturen trugen ihrerseits zu einer schnellen Bestandesentwicklung, damit aber auch verkürzten Ertragsbildung bei. Mit den ab Ende Juni wieder einsetzenden Regenfällen verbesserte sich zwar die Wasserversorgung, die relativ geringeren Sonnenstunden wirkten sich aber ebenfalls eher negativ auf den zu erwartenden Ertrag aus. Entscheidend dafür, dass ein großer Anteil der Sommerbraugerstenernte 2023 buchstäblich ins Wasser fiel waren letztlich vor allem die ab Ende Juli anhaltenden Niederschläge. Diese führten dazu, dass selbst zu diesem Zeitpunkt bereits fast reife Bestände erst später geerntet werden konnten als geplant. Innerhalb dieser Regenphase brachen viele Sommergerstenbestände zusammen, wurden von Schwärzepilzen befallen oder entwickelten verdeckten bis offenen Auswuchs.

Bei oft nur mäßigen Erträgen war es daher vor allem die von vielen Partien nicht erreichte Qualität, die dazu führte, dass sich die Braugerstenablieferung in der Voreifel gegenüber dem Vorjahr um geschätzt fast 75% reduzierte. Zwar wurden aufgrund der überregional sehr schlechten Braugerstenernte bereits bei der Materialannahme einige Zugeständnisse an Qualitätsmerkmale wie den Vollgerstenanteil und den Proteingehalt gemacht, zu geringe Keimfähigkeiten ließen sich aber auch durch eine nachträgliche Reinigung nicht korrigieren. Die Braugersten-Gemeinschaft berichtet daher bundesweit von der „schlechteste(n) Ernte in den vergangenen Jahrzehnten“ aufgrund von reduzierten Anbauflächen, geringeren Erträgen und etwa 50% nicht für die Braunutzung geeigneter Partien. Die geringe Braugerstenernte in der Voreifel ist vor allem deshalb enttäuschend, weil die Braugerstenprämie nach wie vor sehr hoch ist und zusätzlich die Saatgutproduktion oft keine ausreichende Qualität erzielte.

Herbstaussaaten streuen das Risiko

Deutlich zufriedener zeigten sich nach der vergangenen Ernte vor allem die Landwirte, die statt auf die klassische Aussaat von Sommerbraugerste im Frühling entweder auf eine späte Herbstaussaat von geeigneten Sorten oder auf den Anbau von Winterbraugerste gesetzt hatten. Aufgrund der Aussaat als Winterung und der daraus resultierend früheren Bestandesentwicklung waren diese Bestände weder von den schlechten Aussaatbedingungen im Frühling noch von dem nachfolgenden Witterungsverlauf in gleichem Maße betroffen wie die Sommerungen. Herbstaussaaten ermöglichen es sowohl auf bestimmte förder- und ordnungsrechtliche Vorgaben als auch das prognostiziert zunehmende Risiko einer späten Aussaat infolge nasserer Winter und einer Frühlings- oder Vorsommertrockenheit zu reagieren. Die frühere Bestandesentwicklung, Ertragsbildung und vor allem Ernte führten dazu, dass besonders in der vergangenen Saison die meisten Herbstaussaaten von Sommerbraugerste und Winterbraugerstenbestände erfolgreich geerntet und mit ausreichenden Qualitäten zu guten Preisen vermarktet werden konnten. Probleme beim Anbau als Winterung ergaben sich vor allem im Hinblick auf die Ackerfuchsschwanzbekämpfung, den höheren Krankheitsdruck durch Rhynchosporium in Sommerbraugerste und gegebenenfalls den Getreidedurchwuchs bei der Saatgutproduktion.

Ergebnisse des Landessortenversuchs 2023

Mit einem Vollgerstenertrag von durchschnittlich 57,3 dt/ha wurde in den Landessortenversuchen für Sommerbraugerste in Heimbach-Hergarten ein für die vergangene Saison durchaus zufriedenstellendes Ergebnis erzielt. Die Aussaat erfolgte am 11. April mit 330 keimfähigen Körnern/m² unter guten Bedingungen. Geprüft wurden insgesamt 8 Sorten: Avalon, RGT Planet, Leandra, Prospect, Amidala und Lexy sowie als Neuzulassungen und noch ohne Verarbeitungsempfehlung des Berliner Programms Sting und LG Caruso. Anders als in den Vorjahren wurden die genannten Sorten zusätzlich in die am gleichen Standort durchgeführten Wertprüfungen integriert, um insgesamt zuverlässigere Ertragsdaten für die Sortenbewertung zu erhalten. Der Feldaufgang erfolgte rasch und trotz der späten Aussaat bestockten die meisten Sorten ausreichend. Die späteren Bestandesdichten lagen bei 580-800 Ähren/m². Aufgrund der zunächst warm-feuchten Witterung kam es besonders in der reduzierten Pflanzenschutzintensität ohne Fungizide zu einem deutlichen Befall mit Netzflecken. Zwergrost entwickelte sich meist erst nach der Blüte. Durch den Einsatz von 0,6 l/ha Input Classic in EC 31-23 und 1,0 l/ha Revytrex + 0,33 l/ha Comet in EC 39-49 ließ sich in den Versuchen ein durchschnittlicher Mehrertrag von 15% erzielen. Unterschiede in der Anfälligkeit der Sorten gegenüber den genannten Blattkrankheiten waren teils sehr deutlich zu erkennen. Begünstigt durch die ab Ende Juli anhaltende Niederschlagshase trat sortenabhängig leichtes bis starkes Halm- und Ährenknicken auf. Die Ernte erfolgte in einer kurzen Regenpause am 14. August bei einer durchschnittlichen Kornfeuchte von 16%. Bei den nachfolgenden Qualitätsanalysen wurden sortenabhängig Hektolitergewichte von 59,9-64,7 kg, Vollgerstenanteile von 90,9-97,9% und Proteingehalte von 11,2-12,5% ermittelt. Mit gesenkten Anforderungen an den Proteingehalt hätten sich damit alle Sorten mit Abschlägen als Braugerste vermarkten lassen. Auswuchs war nicht sichtbar, allerdings wurden die Proben nicht auf eine reduzierte Keimfähigkeit untersucht. Die sehr geringen Ertragsunterschiede zwischen dem Landessortenversuch und den Wertprüfungen deuten auf eine hohe Zuverlässigkeit der Ergebnisse hin. Bundesweit abweichende Ergebnisse lassen sich überwiegend auf die unterschiedlichen Anbaubedingungen in den Regionen zurückführen.

Versuche zur Herbstaussaat von Sommerbraugerste

Ab 2021 wurden mit den von den Züchtern für die Herbstaussaat von Sommerbraugerste empfohlenen Sorten Leandra und Prospect und seit 2022 zusätzliche mit der Sorte Lexy weitere Versuche zur Herbstsaateignung angelegt. Diese erfolgten allerdings nicht in Heimbach-Hergarten sondern gemeinsam mit den Spätsaatversuchen für Wintergerste zunächst in Kerpen-Buir und seit 2023 in Nörvenich. Die in den Versuchen ermittelten Erträge und Qualitäten lassen sich daher nur eingeschränkt auf das Anbaugebiet Voreifel übertragen, geben aber trotzdem wertvolle Hinweise zur Sortenwahl.  Bei nicht immer optimalen Anbaubedingungen wurden durchschnittliche Kornerträge von 63,7 dt/ha (2021) bis 112,7 dt/ha (2022) und in der vergangenen Saison von 86,0 dt/ha erzielt. Die im Vergleich zur Wintergerste meist deutlich geringeren Erträge ließen sich zuletzt auch auf den Befall mit Mehltau im Herbst und Rhynchosporium im Frühling zurückführen, der durch die früh überwachsenen und dicht entwickelten Bestände zusätzlich begünstigt wurde. Auch ansonsten waren der Krankheits- und Lagerdruck in den Versuchen meist hoch. Die beiden für die Herbstaussaat empfohlenen Sorten Leandra und Prospect erzielten in den bisherigen Versuchen annähernd das gleiche durchschnittliche Ertragsniveau. Die ebenfalls geprüfte Sorte Lexy hingegen erreichte, anders als bei einer Aussaat im Frühling, mindestens 5-10% geringere Kornerträge. Auffällig war in den Versuchen zur Ernte 2023 die geringere Anfälligkeit von Leandra gegenüber einem frühen Befall mit Mehltau und Rhynchosporium sowie gegenüber Zwergrost. Dementgegen präsentierte sich im späteren Verlauf die Sorte Prospect als weniger anfällig für Rhynchosporium und spätes Lager vor der Ernte. Lexy hingegen präsentierte sich in der Saison 2023 als relativ strohstabil und weniger anfällig für Ramularia. Anzumerken ist, dass der ermittelte Vollgerstenanteil in allen drei Sorten deutlich unter den Qualitätsanforderungen des Handels lag (Leandra: 83,3%, Prospect: 56,8%, Lexy: 70,0%).

Sortenempfehlungen

Die Sortenwahl bei Sommerbraugerste wird überwiegend vom Markt bestimmt. Auch wenn sich in der aktuellen Mangelsituation fast alle Sorten und auch geringere Qualitäten absetzen lassen, bedeutet dies für die kommende Aussaat, dass zumindest für das Anbaugebiet Voreifel nur die Sorten Leandra und Lexy bevorzugt empfohlen werden können. Bei einem geplanten Anbau von anderen Braugerstensorten sollten die Absatzmöglichkeiten vorab mit dem Handel abgestimmt werden. Besteht eine zuverlässige Abnahme lassen sich auch RGT Planet, Prospect und Amidala erfolgreich als Braugerste anbauen und vermarkten. Dennoch ist zu betonen, dass bei den Sortenempfehlungen die Ertrags- und Anbaueigenschaften der Sorten gegenüber den Vermarktungsoptionen von geringerer Bedeutung sind. Bei den neuen Sorten Sting und LG Caruso stehen die Entscheidungen des Berliner Programms noch aus.

RGT Planet erzielte in den Versuchen zur Ernte 2023 einen sehr hohen Korn- und Vollgerstenertrag und kann darüber hinaus auch mehrjährig mit stabilen Erträgen und Qualitäten überzeugen. Die relativ gute Sortierung und der geringe Proteingehalt erleichtern die Vermarktung, sofern ein möglicher Abnehmer nicht auf der Verarbeitungsempfehlung des Berliner Programms besteht. Die agronomischen Eigenschaften von RGT Planet sind im Vergleich zu anderen Sorten allerdings nur als durchschnittlich zu bewerten: Dies gilt sowohl für die Standfestigkeit und Strohstabilität, als auch für die Anfälligkeit gegenüber Netzflecken und Zwergrost. Die bundesweit hohe Saatgutvermehrung resultiert vor allem aus dem Anbau als Sommerfuttergerste. RGT Planet wird unter der Voraussetzung einer gesicherten Vermarktung aufgrund der hohen und stabilen Erträge weiter für den Anbau als Braugerste empfohlen.

Leandra kann ertraglich sowohl mehrjährig als auch in der Saison 2023 nur bedingt überzeugen, bleibt aufgrund der gesicherten Abnahme aber eine der Hauptempfehlungen für das Anbaugebiet Voreifel. Die Sorte ist ausreichend standfest und präsentierte sich in den Versuchen zur Ernte 2023 als strohstabiler als erwartet. Die geringere Anfälligkeit gegenüber Rhynchosporium, Netzflecken und Zwergrost sind positiv zu bewerten. Mehrjährig erzielt Leandra ein leicht unterdurchschnittliches Hektolitergewicht. Der Proteingehalt liegt, begünstigt durch die etwas geringere Ertragsleistung, eher auf einem höheren Niveau. Der zu erwartende Vollgerstenanteil ist ausreichend. Leandra wird aufgrund der guten Erträge und Qualitäten in Herbstaussaat bevorzugt auch für den Anbau als „Wechselgerste“ empfohlen.

Prospect erzielt in der Frühlingsaussaat mehrjährig deutlich höhere Ertragsleistungen als Leandra, konnte in den Versuchen zur Ernte 2023 aber ebenfalls nur bedingt überzeugen. Positiv zu bewerten sind die gute Standfestigkeit und Strohstabilität der Sorte. Der Proteingehalt ist meist durchschnittlich. Abhängig von der standort- und witterungsabhängigen Bestandsentwicklung können gelegentlich vermarktungsrelevante Probleme bei der Sortierung auftreten. Dies gilt insbesondere auch für den Anbau in Herbstaussaat, für die sich Prospect nach wie vor als mögliche Alternative zu Leandra empfiehlt.

Amidala hat sich bundesweit als wichtigste Braugerstensorte etabliert, erzielt im Anbaugebiet Voreifel aber meist nur durchschnittliche Erträge bei allerdings sehr guten äußeren Qualitäten. Diese resultieren vor allem aus der hohen Tausendkornmasse der Sorte und dem einhergehend hohen Hektolitergewicht und Vollgerstenanteil. Der Proteingehalt ist durchschnittlich. Aufgrund der relativ geringen Bestockungsleistung reagiert Amidala scheinbar empfindlicher auf eine späte Aussaat oder nachfolgend trockene Witterung. Daher sollte der Anbau in der Praxis bevorzugt mit leicht erhöhter Saatdichte erfolgen.

Lexy kann auch nach dreijähriger Prüfung als für das Anbaugebiet Voreifel besonders geeignete Sorte überzeugen. Die hohen Erträge in den regionalen Versuchen werden durch bundesweit gute Ergebnisse bestätigt. Lexy ist darüber hinaus überdurchschnittlich standfest und strohstabil sowie weniger anfällig gegenüber Mehltau und Netzflecken. Die Ertragszusammensetzung ist ausgeglichen und der Proteingehalt gering. Das Hektolitergewicht und der Vollgerstenanteil sind durchschnittlich etwas geringer als bei qualitätsbetonten Sorten wie Avalon oder Amidala, genügen aber meist den Qualitätsanforderungen des Handels. Aufgrund des gegenüber der Sorte Leandra deutlich höheren Ertragspotentials ist Lexy für die Aussaat im Frühling die bevorzugte Hauptempfehlung. Bei den bisherigen Versuchen zur Herbstaussaat erzielte die Sorte im Vergleich zu Leandra und Prospect etwas geringere Ertragsleistungen.

Die beiden neu geprüften Sorten Sting und LG Caruso erzielten in den Versuchen zur Ernte 2023 sehr zufriedenstellende Erträge. Abhängig von den Verarbeitungsempfehlungen des Berliner Programms könnten sich beide als interessante Braugerstensorten etablieren. Sting ist relativ früher im Ährenschieben und später in der Abreife. Die lange Kornfüllungsphase begünstigt ein hohes Hektolitergewicht. Darüber hinaus erzielte die Sorte in den Versuchen zur Ernte 2023 im direkten Vergleich zu LG Caruso einen höheren Vollgerstenanteil. Ausgehend von den Ergebnissen der vorherigen Wertprüfungen ist allerdings davon auszugehen, dass auch LG Caruso eine sehr gute Sortierung erreicht. Darüber hinaus ist die Sorte ausreichend standfest, strohstabil und blattgesund. Abgesehen von der geringen Anfälligkeit gegenüber Mehltau und Zwergrost ist zusätzlich die höhere Widerstandskraft gegenüber Ramularia hervorzuheben. Obwohl erst 2022 durch das Bundessortenamt zugelassen wurden sowohl für Sting als auch für LG Caruso bereits relativ hohe Saatgutvermehrungsflächen angelegt.

Hinweise zur Aussaat im Frühling

Die vergangene Saison hat gezeigt, dass pauschale Anbauhinweise zur Aussaat oder zur Kulturführung nur dann angebracht sind, wenn die Standort- und Witterungsbedingungen es zulassen. Auch wenn gilt, dass eine möglichst frühe Aussaat dazu beitragen kann, die Winterfeuchte optimal zu nutzen und die ertragsbildende Vegetationszeit zu verlängern, setzt diese zunächst einen ausreichend abgetrockneten Boden voraus. Auf ungünstige Aussaatbedingungen reagierte Sommergerste besonders empfindlich. Daher sollten auch die dem Anbau vorhergehende Fruchtfolgegestaltung und Bodenbearbeitung darauf ausgelegt sein, gute Bedingungen für eine frühe Aussaat zu schaffen. Bei gleichzeitiger Beobachtung der Wetterprognosen sollten auch kurze Aussaatfenster genutzt werden, um die möglichen Nachteile einer zu späten Aussaat zu vermeiden. Bei standort- oder witterungsbedingt sehr späten Saatterminen sollte die Saatdichte an das geringere Bestockungspotential angepasst werden. Darüber hinaus ist es besonders unter schwierigen Bedingungen erforderlich die Stickstoffdüngung an die Ertragserwartung anzupassen um den für Braugerste geforderten Proteingehalt von 9,5-11,5% möglichst zuverlässig zu erreichen. Dies lässt sich bei einer üblichen Aufteilung der N-Düngung auf 2/3 zur Aussaat und 1/3 bis Schossbeginn bevorzugt durch eine Anpassung der zweiten N-Gabe erreichen. Die aktuell sehr hohen Braugerstenprämien rechtfertigen dazu gegebenenfalls auch zusätzliche N-Analysen zur Bewertung des Stickstoffnachlieferungspotentials des Bodens und der aktuellen Stickstoffversorgung der Pflanze. Pflanzenschutzmaßnahmen sollten bestands- und witterungsabhängig durchgeführt werden, wenn ein erhöhter Lagerdruck besteht oder ein Befall mit Krankheiten oder Schädlingen festgestellt wird.  

…oder doch besser im Herbst?

Die möglichen Vorteile einer Herbst- gegenüber der klassischen Frühlingsaussaat von Sommergerste haben sich in der vergangenen Saison sehr eindrücklich gezeigt: Durch die gegenüber der (verspäteten) Aussaat im Frühling längere Vegetationszeit und den deutlichen Entwicklungsvorsprung ließen sich durch den Anbau von Sommergerste als Winterung nicht nur die neuen ordnungs- und förderrechtlichen Vorgaben einhalten, sondern bei entsprechender Kulturführung auch sehr gute Erträge und Qualitäten realisieren. Besonders der geringere Einfluss einer möglichen Frühlings- oder Vorsommertrockenheit sowie die frühere Ernte sind entscheidende Argumente für eine Herbstaussaat. Demgegenüber sind allerdings auch einige Nachteile zu benennen: Bei einer zu frühen Aussaat im Herbst besteht ein nicht zu unterschätzendes Risiko, dass sich der Bestand bei nachfolgend mildem Witterungsverlauf bereits vor der Winterruhe überwächst und daraus resultierend einem hohen Krankheitsdruck ausgesetzt ist. Bei einer zu späten Aussaat oder nachfolgend kalter Witterung hingegen kann sich die Sommergerste als „Wechselgerste“ gegebenenfalls nur schwach etablieren. Die Ungrasbekämpfung ist vor allem bei früher Aussaat und durch die gegenüber Wintergerste geringere Bodenbedeckung erschwert. Darüber hinaus besteht gegenüber der Aussaat im Frühling oder dem Anbau von Winterbraugerste ein deutlich höheres Risiko der Auswinterung. Auch wenn die Voreifel in der vergangenen Saison verschont blieb: in Niedersachsen führten Kahlfröste zu Ausfallraten von geschätzt 60-80%. Bei einer geplanten aber nicht mehr realisierten Aussaat von Sommerbraugerste im Herbst besteht im Gegensatz zur Winterbraugerste der Vorteil, dass sich das Saatgut stattdessen auch für die Frühlingsaussaat nutzen lässt.

Autor: Johannes Roeb, Heinz Koch